Außenbeleuchtung zur Weihnachtszeit
Beitrag: 23. November 2022
 
Wie man seit einigen Tagen feststellen kann, ist es wieder soweit: die Zeit der Weihnachtsbeleuchtung, an der sich die Geister scheiden, ist gekommen. Sie bekommt allerdings dieses Jahr eine ganz besondere Note.

Jahr für Jahr nimmt das Wettrennen um die grellsten Lichterketten zu. Das herzerwärmende Flair, das einst von dezent leuchtenden Lichterketten an ausgewählten Orten ausging, ist schon lange verflogen. Stattdessen wird man von einem grell leuchtenden Lichtermeer geblendet, der wie eine Zurschaustellung des Wohlstandes wirkt.

In diesem Jahr tritt wegen dem russischen Krieg gegen die Ukraine und den explodierenden Energiepreisen eine für unsere Generation bisher unbekannte Situation auf: Energieverschwendung wird zum ersten Mal so richtig in Frage gestellt. Denn je höher die Nachfrage nach einem knapper gewordenen Gut ist, desto dramatischer werden die Preiserhöhungen ausfallen. Und diese treffen dann vor allem diejenigen am härtesten, die bereits vorher knapp bei Kasse waren. Insofern kann Energieverschwendung als unsolidarisches Handeln betrachtet werden.

Was es für uns Idsteiner bedeutet, habe ich diese Woche anhand der Post des Energieversorgers feststellen können: Die Strompreise steigen um satte 75%. Die angedachte Strompreisbremse würde dabei nur einen Teil davon auffangen. Denn der Preis pro kWh steigt in meinem Tarif von 31,13 auf 54,63 Cent, die Strompreisbremse liegt aber bei 40,00 Cent, und sie gilt nur für die ersten 80% des vorherigen Verbrauchs. Somit ergäbe sich ein neuer Durchschnittspreis von 45 Cent pro kWh, was immer noch eine Preissteigerung von 44% entspricht. Ob die Strompreisbremse tatsächlich in der angedachten Form durchgeführt werden kann, steht allerdings in den Sternen, da ein Gutachten gerade darauf hingewiesen hat, dass sie gegen die Verfassung und auch gegen EU-Recht verstoßen dürfte.

Hinzu kommt, dass der Staat zur Finanzierung der Energiepreisbremsen weitere Schulden in nicht unbeträchtlicher Höhe aufnehmen muss und die ursprünglich angedachte Refizinanzierung aus Übergewinnen wahrscheinlich nicht so wie geplant durchführbar sein wird. Damit geben wir unseren Kindern ein schönes Erbe, das sie später auszubaden haben werden. Überspitzt formuliert könnte man sagen: unser heutiger Wohlstand geht auf Kosten der Zukunft unserer Kinder.

Das Gleiche kann man aber insgesamt auch für den Klimawandel und die Zerstörung der Ökosysteme sagen, die wir mit unserer Lebensweise mit zu verantworten haben. Denn die Verschwendung von Energieressourcen kurbelt den Klimawandel weiter an. Und künstliches Licht nachts im Außenbereich schadet der gesamten Tierwelt und beschleunigt das Artensterben. Wir nähern uns in großen Schritten mehreren Kipppunkten für unseren Planeten. Wenn diese erreicht sind, gibt es danach kein Zurück mehr.

Aber das Bisschen mehr Licht zu Weihnachten macht doch den Kohl auch nicht mehr fett, oder? Kommt drauf an. In 2021 verbrauchten alleine die Privathaushalte für Weihnachtsbeleuchtung satte 623 Millionen Kilowattstunden (was damals ca. 200 Millionen EUR an Stromkosten bedeutet hat). Auch wenn es pro Kopf gerechnet nicht nach so viel aussieht: es ist wie die Plastikhülle eines Bonbons auf die Straße zu werfen - nur dass danach diese keiner einsammeln wird. Wenn jeder pro Tag ein paar Plastikhüllen auf den Boden wirft, kann man sich vorstellen, wie es in ein paar Jahren aussehen wird. Beim Klimawandel und den Ökosystemen werden die Schäden allerdings erst richtig erkennbar, wenn es zu spät ist.

Die Deutsche Umwelthilfe sieht es als eine Selbstverständlichkeit an, dass in diesem Winter auf Weihnachtsbeleuchtung in Städten und Privathaushalten verzichtet wird, aus Gründen des Klimaschutzes, der Energieknappheit und auch des Krieges in der Ukraine. Stattdesssen soll es pro Stadt zumindest einen zentralen, beleuchteten Weihnachtsbaum geben. Ob ein solcher Vorschlag aufgrund der vielfältigen Bedürfnisse und Werte in unserer Gesellschaft realistisch ist, kann allerdings bezweifelt werden.

Ich finde es wäre auf Dauer viel mehr gewonnen, wenn jeder beim Einsatz von Außenbeleuchtung etwas überlegter vorgehen würde. Jede Nacht seine Fassade zu beleuchten, obwohl man selbst nicht drauf schaut, ist reine Verschwendung und schadet der Umwelt. Die Außenbeleuchtung vor dem Hauseingang oder im Garten dauerhaft brennen zu lassen, obwohl man sich dort gerade gar nicht aufhält, ist ebenfalls reine Verschwendung und schadet der Umwelt - und zwar unabhängig davon, ob die Leuchten solarbetrieben sind oder nicht. Da muss man ansetzen!

Was nun Weihnachtsbeleuchtung angeht, gibt es viele Möglichkeiten den Verbrauch massiv zu reduzieren. Zunächst einmal sind LED-Lichterketten bei gleicher Helligkeit bis zu 10 Mal sparsamer als bei den alten Techniken. Die Betonung liegt dabei auf "gleiche Helligkeit", denn wenn wir heller beleuchten oder die Anzahl an Glühbirnchen größer ist, steigt die Gesamthelligkeit und damit der Verbrauch, und wegen der Helligkeit auch der Schaden für die Umwelt. Wichtig sind zudem sehr warme Lichtfarben zu verwenden: gelb-orange bis bernsteinfarben, also 2400 Kelvin (K) bis 1800 K. Das reduziert weiter den Schaden für die Natur und ist zudem wesentlich schöner fürs Auge.

Und was besonders Sinn macht, ist die Leuchtdauer der Weihnachtsbeleuchtung zu beschränken und die Lichter nicht die ganze Nacht durchbrennen zu lassen. In Idstein erscheint 22 Uhr als eine gute Abschaltzeit, denn hier gilt von 22 bis 7 Uhr Nachtruhe, was eine deutliche Minderung der Immissionen verlangt.

Und ob wirklich jedes einzelne Haus eine oder mehrere Lichterketten im Außenraum braucht, kann sich der Einzelne natürlich auch überlegen. Wie mit allem im Leben ist es so, dass die Freude verloren geht, wenn man zu viel von einer Sache hat.

Wer nun das Bedürfnis besonders heller Lichterketten hat, kann sich diese im eigenen Weihnachtsbaum im Wohnzimmer aufhängen. Das ist am Effizientesten, denn im Außenbereich verpufft der Großteil des Lichts und der Energie ungenutzt in die Weiten der Natur und des Weltalls. Das war übrigens auch die Art und Weise, wie der Erfinder der Lichterketten (ein US-Amerikaner) sie erstmalig eingesetzt hat: am Weihnachtsbaum drinnen im Haus.

 
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