Ratgeber: Glasfaseranschluss
Beitrag: 27. März 2024
→ Update 09.07.2025
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→ Update 22.09.2025
 
Worum geht es?
Derzeit klingelt es bei vielen Idsteiner Haushalten. Mitarbeiter der Firma NICOM UG, die Verträge der Firma Unsere Grüne Glasfaser GmbH & Co. KG (kurz: UGG) aus Bayern vermitteln, bieten Vorverträge für das kostenlose Verlegen von Glasfaserkabeln zu den Haushalten an.

Nun stellt sich die Frage, ob man einen solchen Vertrag unterzeichnen soll oder nicht. Die Verlockung ist schließlich groß, in der Phase der sogenannten Nachfragebündelung sich dieses Leckerli zu sichern. Zumal die Umstellung auf Glasfaser nach gängiger Meinung so oder so kommen wird.

Werbung von offizieller Stelle
Die Stadt Idstein wirbt auf einer aktuellen Pressemitteilung für das Vorhaben, was sicherlich hilft der unseriösen Vermittlung an der Haustür einen offiziellen Anstrich zu verleihen.

Die Stadt erläutert in der Pressemitteilung, dass der Ausbau der örtlichen digitalen Infrastruktur mit leistungsfähiger Glasfaser in Idstein durch die UGG erfolgen soll. Diese Formulierung suggeriert eine Art Exklusivrecht. Ob eine solche tatsächlich vorliegt, ist mir nicht bekannt - sie erscheint allerdings fragwürdig. Was möglicherweise mit einhergeht, ist eine vereinfachte Genehmigung die öffentlichen Straßen aufzureißen, um die Glasfaserkabel zu verlegen. Dies sieht eine Bundesvorgabe allerdings sowieso vor, damit der Ausbau des schnellen Internets erleichtert wird.

Jedenfalls scheint die Stadt Idstein darauf zu vertrauen, dass die UGG für den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur der richtige Partner ist.

Art der Vermarktung
Die Mitarbeiter der NICOM UG treten freundlich an der Haustür auf, insbesondere wenn das Interesse der Anwohner bereits vorhanden ist. Dann ist das Ganze fast ein Selbstläufer. Wenn man allerdings keinen Bedarf sieht oder kein Interesse hat, werden die Mitarbeiter der NICOM UG schon etwas penetrant und es kommt zu wiederholten Besuchen trotz vorheriger klarer Absage. Es werden dabei auch fragwürdige Aussagen getätigt, die darauf abzielen beim Anwohner Druck ob der verpassten Gelegenheit zu erzeugen.

Wer trägt die Kosten?
Der Stadt Idstein entstehen nach eigener Aussage keine Kosten und es werden auch keine Fördermittel in Anspruch genommen - die UGG führt die Sache also eigenwirtschaftlich durch. Das Ganze wird durch Nutzungsgebühren für den Internetzugang querfinanziert, die dem Kunden monatlich durch einen fest vorgegebenen Internetanbieter berechnet werden.

Modernisierung der Infrastruktur
Auf Bundesebene wird derzeit die Modernisierung der Internet-Infrastruktur vorangetrieben. Das Ganze trägt den Namen Gigabitstrategie. Diese zielt hauptsächlich darauf, Versorgungslücken im ländlichen Bereich zu schließen, so dass schnelles Internet für alle verfügbar wird. Nun ist aber Idstein hinsichtlich des Angebots für schnelles Internet bei Privathaushalten bereits ganz gut aufgestellt.

Glasfaser statt Kupfer
Auf der anderen Seite haben Internetanbieter den Wechsel von Kupfer zu Glasfaser aufgrund der technischen Vorteile als eindeutig sinnvoll ausgemacht. Über ein Glasfaserkabel lassen sich deutlich höhere Datenmengen in kürzerer Zeit über längere Wegstrecken bewegen, die Glasfaserleitung ist größtenteils weniger störanfällig, soll robuster gegen Anzapfungen sein, und die Daten lassen sich mit einem niedrigeren Stromverbrauch transportieren.

Dennoch hat Kupfer bisher ihre Daseinsberechtigung, vor allem im Privatkundenbereich. Die Kupferleitungen und die benötigte Hardware sind bereits überall vorhanden, während die Glasfaserleitungen aufwändig verlegt werden müssen.

Einsparung der Erschließungskosten
In Kontext einer besseren und als zukunftsträchtiger ausgemachte Technik ist ein kostenlos verlegter Anschluss der Idealzustand für Stadt und Bürger - da spart man sich gut 600 EUR an Erschließungskosten pro Haushalt. Um in Anspruch der kostenlosen Verlegung des Glasfaserkabels zu kommen, muss man einen Vertrag mit einer Mindestdauer von 2 Jahren mit O2 eingehen. Kein anderer Internetanbieter ist zulässig. Das muss zunächst nicht unbedingt ein Nachteil sein, lässt aber schon mal aufhorchen.

Der günstigste Glasfasertarif von O2 beginnt bei 45 EUR pro Monat. Im ersten Jahr ist dieser auf 30 EUR pro Monat reduziert. Auf die ersten 2 Jahren aufsummiert ergibt dies 900 EUR und ein Durchschnittspreis von 37,50 EUR pro Monat.

Zusatzkosten: Router
Der bisherige DSL-, VDSL- oder Kabelrouter funktioniert nicht mit Glasfaserleitungen. Daher wird ein neuer Router benötigt. Hier hat man die Wahl für 4 EUR im Monat den hauseigenen Router von O2 zu mieten, der allerdings einen begrenzten Funktionsumfang hat. Oder man mietet die sinnvollere Fritzbox in der Variante für Glasfaseranschlüsse für 7 EUR monatlich. Wer gerne die Sache selbst in die Hand nimmt, kann sehr wahrscheinlich die passende Fritzbox auch erwerben, was mittelfristig betrachtet die günstigere Lösung ist.

Zusatzkosten: Telefonieren
Die Tarife von O2 enthalten eine Telefonflatrate in die nationalen Netze. Allerdings sind nur eine einzige Rufnummer und vor allem eine einzige Leitung im Tarif enthalten. Wer gleichzeitig über 2 Leitungen telefonieren möchte oder mehrere Rufnummern benötigt, muss 3 EUR extra pro Monat bezahlen.

Geschwindigkeit
Beim günstigsten Tarif (für 45 EUR im Monat) erhält man 100 MBit im Download und 40 MBit im Upload. Das ist preislich ungefähr vergleichbar mit den gleich schnellen VDSL-Tarifen.

Für 5 EUR Aufpreis (also 50 EUR im Monat ohne Zusatzoptionen) erhält man 250 MBit im Download. Auch das kann man zum einem ähnlichen Preis über einen Kabelanschluss beziehen, und bei einigen Haushalten auch über VDSL.

Gigabit-Bandbreite
Schneller als VDSL ist ein Glasfaser-Tarif mit 500 MBit - dieser schlägt allerdings mit 60 EUR pro Monat zu buche. Und der Beginn der echten Gigabit-Performance - 1000 MBit, mit der Glasfaser ja eigentlich beworben wird - zahlt man satte 80 EUR im Monat.

Für die meisten Haushalte sind die letzten beiden Tarife in der Gegenwart allerdings überdimensioniert. Selbst wenn mehrere Familienmitglieder Streaming-Dienste wie Netflix & co. nutzen oder man zu zweit im Homeoffice tätig ist, reichen langsamere Leitungen in der Regel vollkommen aus.

Kostenvergleich
Nehmen wir den kleinsten Tarif, dazu die Option für zwei gleichzeitige Telefongespräche und den günstigsten Mietrouter. Auf zwei Jahre gerechnet zahlen wir durchschnittlich 37,50 + 3 + 4 = 44,50 EUR pro Monat. Sofern wir vorher schon einen Tarif in ähnlicher Höhe hatten, hätten wir nichts verloren und uns 600 EUR für das Verlegen des Glasfaseranschlusses gespart.

Was passiert ab dem 3. Jahr?
Ab dem 3. Jahr zahlen wir für den günstigsten Tarif mit den oben ausgewählten Optionen 45 + 3 + 4 = 52 EUR pro Monat. Das ist es schon teurer als vorher - wohl gemerkt für die gleiche Geschwindigkeit, die uns vorher mit VDSL oder Kabel schon zur Verfügung stand.

Für Haushalte, die günstigere Tarife mit einer etwas langsameren Verbindung hatten, macht sich der Unterschied dann schon deutlicher bemerkbar. Da kommt der Gedanke: nach Ablauf der Mindestlaufzeit zu einem günstigeren Anbieter von Glasfasertarifen wechseln.

Alternative Internetanbieter
Nun spricht die UGG zwar davon, dass ihre Glasfaserleitungen grundsätzlich offen für andere Internetanbieter sind. Allerdings müsste die UGG hierzu eine Kooperation mit einem anderen - in Idstein verfügbaren - Internetanbieter eingehen, die es zurzeit nicht gibt. Bisher gibt es im gesamten Versorgungsgebiet der UGG lediglich 2 lokale Alternativen, und keine einzige deutschlandweite - nur O2.

Interessenskonflikt?
Die UGG ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Allianz und Telefónica Group ist. Zu letzterer gehört O2. Insofern dürfte die Motivation von UGG eine Kooperation mit einem anderen deutschlandweiten Internetanbieter einzugehen, der in Konkurrenz zu O2 steht, sich sehr in Grenzen halten. Daher ist es besser man plant ohne die Option eines alternativen Anbieters und geht von einer langen Bindung zu O2 aus.

Rückwechsel zur Kupferleitung
Was man freilich ab dem 3. Jahr machen kann, ist zu einem anderen Anbieter zu wechseln, der Internet über die weiterhin im Hausanschluss befindliche Kupferleitung bedient. Diese bleibt ja auch beim Verlegen der Glasfaserleitung erhalten.

Tiefbauarbeiten
Für die neuen Glasfaseranschlüsse sind Tiefbauarbeiten erforderlich. Es muss sowohl die öffentliche Straße aufgerissen werden, als auch das Privatgrundstück - inkl. Wanddurchgang. Es ist daher eine sogenannte Grundstückseigentümererklärung vom Kunden zu unterzeichnen. Bei solchen Arbeiten können Bauschäden entstehen und es können sogar andere Leitungen (wie z.B. Wasser) betroffen sein. Daher empfehlen Verbraucherseiten diese Erklärung von einem Anwalt überprüfen zu lassen. So weiß man, auf was man sich im Fall der Fälle einlässt und wer welche Schäden übernimmt.

Wenn man nach Erfahrungen mit der UGG googelt, ist die Anzahl an negativen Berichten bei den Kabelverlegungsarbeiten erschreckend hoch. Üblicherweise argumentiert der Berater an der Haustür, das seien alles Kinderkrankheiten aus der Anfangszeit, die nun überwunden sind. Ob dem tatsächlich so ist, kann man schlecht beurteilen. Daher macht es schon Sinn sich ein paar Berichte im Internet anzuschauen, am besten die Aktuellsten.

Wechsel eines Anschlusses
Beim Wechsel eines Anbieters oder einer Zugangsart (Kupfer auf Glasfaser) können manchmal technische Probleme auftreten, deren Lösungen alles andere als trivial sein können. Wer sich schon einmal nach einem Anbieterwechsel erfolglos durch die Hotlines des Anbieters hat durchkämpfen müssen oder es selbst nach mehreren Technikerbesuchen zu keiner Lösung kam, ist sicherlich vorsensibilisiert. In solchen Fällen sind gute Nerven und ausreichend Zeit gefragt.

Im Kontext eines Glasfaseranschlusses, der parallel zur bestehenden Kupferleitung aufgebaut wird, ist zumindest die Weiterversorgung durch den bestehenden Anbieter denkbar. Außer wenn der bestehende Anschluss bei den Tiefbauarbeiten beschädigt wird.

Breitbandmessung
Wer das Gefühl hat ein viel zu langsames Internet zu haben, könnte meinen ein neuer Glasfaseranschluss sei die Lösung aller Probleme. Hier empfiehlt sich allerdings zunächst den Durchsatz seines Internetanschlusses und des WLAN zu testen. Hierzu kann die Seite zur Breitbandmessung der Bundesnetzagentur bzw. die gleichnamige App für Handys und Tablets genutzt werden. Man misst damit sinnvollerweise zuerst die Geschwindigkeit an einem PC, das per Kabel mit dem Internetrouter (also der Fritzbox oder ähnliches) verbunden ist. Anschließend kann man an verschiedenen Endgeräten die WLAN-Geschwindigkeit in unterschiedlichen Räumen messen.

Sollte das WLAN wesentlich langsamer als der kabelgebundene PC sein, ist das WLAN sehr wahrscheinlich der Flaschenhals. Dann wird auch ein Glasfaseranschluss keine Besserung bringen.

Gleich ob alter oder neuer Anschluss gilt: Mit WLAN-Repeater, die als sogenannte WLAN-Brücke (kabellos) oder LAN-Brücke (einseitig kabelgebunden) das Signal in diesen Räumen verstärken und damit den Durchsatz deutlich erhöhen, kann das Problem zumeist gelöst werden.

Kommunikation mit bestehendem Anbieter
Für diejenigen, die eine langsame Internetverbindung haben, aber ein teurerer Glasfaseranschluss nicht in Frage kommt, besteht die Möglichkeit beim Kundenservice seines aktuellen Internetanbieters nachzufragen, ob es in der Zwischenzeit bessere Tarifangebote gibt - gerne mit Verweis auf die aktuelle Glasfaserverlegung durch die UGG in Idstein. Die Anbieter haben dabei oftmals die Möglichkeit - in der Regel in Kombination mit einer Vertragsverlängerung um weitere zwei Jahre - ein kostenloses Upgrade auf eine deutlich höhere Geschwindigkeit anzubieten.

Es kommt manchmal auch vor, dass ein Anbieter von sich aus aktiv wird und ihre Kunden mit kostenlosen Upgrade-Möglichkeiten per Post anschreibt.

Fazit
Soweit diverse Aspekte, die man vor der aktuell angebotenen Umstellung auf Glasfaser berücksichtigen kann. In jedem Fall macht es Sinn sich beim Vertragsabschluss nicht unter Zeitdruck setzen zu lassen, um sich in Ruhe eine eigene Meinung zu bilden.

Auch macht es wenig Sinn sich von Totschlagargumenten blenden oder verunsichern zu lassen. So wird z.B. gerne eine potentielle Wertsteigerung der Immobilie angepriesen oder die angebliche künftige Stilllegung der Kupferleitungen.

Eine 600 EUR Investition wird den Preis einer Immobilie, die vorher bereits Zugang zu VDSL hatte, wohl kaum in relevanter Weise ändern. Insbesondere dann nicht, wenn der neue Glasfaseranschluss in absehbarer Zeit eine Monopol-Sackgasse darstellt.

Was Stilllegungen angeht: Die Kupferleitung bietet der Telekom weiterhin die Möglichkeit ihren Kunden Internetzugänge anzubieten, auch wenn die Telekom die Glasfaseranschlüsse der UGG nicht (oder nicht wirtschaftlich genug) nutzen kann. Das könnte umso wichtiger werden, da derzeit Bestrebungen laufen, die Verlegung von mehreren Glasfaserleitungen durch unterschiedliche Anbieter am gleichen Haushalt zu verhindern. In der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes wurde zudem festgelegt, dass jeder Haushalt Anspruch auf eine Grundversorgung mit Internet hat.

Weiterführende Informationen
Eine ausführliche Informationenseite zum Glasfaseranschluss ist beim Verband Wohneigentum NRW zu finden.

Außerdem gibt es eine FAQ zum Glasfaseranschluss bei der Verbraucherzentrale.


Update 09.07.2025
Nach mehr als ein Jahr Ruhe war es heute wieder soweit: die nächste Runde des Überzeugungsterrors an den Haustüren geht weiter. Die Vertreter im Namen der UGG klingen trotz klar neben der Klingel sichtbaren Werbeverbotsschilds und weigern sich trotz Verweis auf das Schild zu gehen, ohne daß sie vorher ihr Anliegen loswerden können.

Ihr Anliegen ist dabei der gleiche wie im letzten Jahr: Vorverträge für Glasfaser schließen. Dabei wollten sie eigentlich schon letztes Jahr die Leitungen gelegt haben - ganz unabhängig davon, ob sie schon genug Vorverträge geschlossen haben oder nicht. Scheinbar spielen die Vorverträge doch eine größere Rolle als vom Marketing der UGG angepriesen.

Zusätzlich nennt der Vertreter dieses Jahr das Argument, daß bis spätestens 2030 alle Kupferleitungen in Deutschland abgeschaltet sein werden, weil das ja auf EU-Ebene beschlossen worden sei. Tatsächlich gibt es bei der EU eine Zielsetzung von Kupfer auf Glasfaser zu migrieren, weil dies "klimaschonender" sei. Die EU hat ja das Ziel bis 2050 klimaneutral zu sein, was freilich vollkommen an der Realität vorbeigeht. Die Realität sieht vielmehr so aus, daß in Deutschland z.B. die staatliche Umweltprämie für Elektrofahrzeuge Ende 2023 eingestellt wurde, die Anschaffung nachweislich klima- und umweltsschädlicher Holzheizungen weiter gefördert wird, und dann auch noch die Stadt Idstein die neuen Bundesgesetze zur vorrangigen Behandlung von Solaranlagen gemäß EEG 2023 schlichtweg missachtet - und die Bürger damit auch daran hindert, den zum Erreichen der Klimaneutralität notwendigen Umstieg auf Wärmepumpe + Solar zu vollziehen.

Die Bundesnetzagentur beginnt gerade sich dem Thema Glasfaser anzunehmen und erste Impulse zur regulierten Kupfer-Glas-Migration zu veröffentlichen. Dort findet sich ein Link auf das Impulspapier im PDF-Format, ein Konsultationsdokument vom 28. April 2025. Von einer Frist zur Abschaltung des Kupfernetzes ist nirgends die Rede. Vielmehr geht es erstmal um das Einholen der Meinungen der Marktteilnehmer.

Insofern sind die Aussagen des Vertreters, der die Vorverträge an der Haustür abschließen möchte, irreführend. Sollte es tatsächlich eines Tages dazu kommen, daß die Telekom die (V)DSL-Dienste nicht mehr anbieten möchte, müsste Glasfaser für jeden Bürger verfügbar sein. Dafür müsste allerdings zunächst ein Anbieter im Idsteiner Stadtgebiet die Straßen aufreißen und Glasfaserkabel legen.


Update 13.07.2025
Zum Thema Abschaltung des (V)DSL-Netzes konkretisiert die Bundesnetzagentur, daß es keine Frist für diese gibt und daß die Zielsetzungen der EU nach eigener Einschätzung nicht einzuhalten sein werden. Die Aussage der UGG-Vertreter, daß Kupferleitungen - und damit DSL/VDSL - im Jahr 2030 definitiv abgeschaltet werden, ist somit falsch. Vielmehr kann ein Netzbetreiber wie die Telekom erst dann einen konkreten Abschaltplan bei der Bundesnetzagentur zur Prüfung einreichen, wenn in einer Region für 95 % der Haushalte Glasfaser verfügbar ist, und die tatsächliche Abschaltung darf erst dann erfolgen, wenn alle Nutzer erfolgreich auf Glasfaser migriert wurden und niemand ohne Internetanschluss dasteht. Insofern sollte man sich von der Panikmache der UGG-Vertreter nicht anstecken lassen, und rein nach dem eigenen Bedarf gehen.

Laut Aussage der UGG-Vertreter werden sowieso nicht in allen Idsteiner Stadtteilen Glasfaserleitungen gelegt werden. Gleiches gilt im Übrigen auch bei der Deutschen Telekom, die nicht ganz Taunusstein mit Glasfaser ausstatten wird, sondern nur die dichter besiedelten Stadteile Hahn und Wehen. Da wo Glasfaser für den Kunden wirklich Sinn machen würde (wo es keine anderen schnellen Leitungen gibt), lohnt sich die Investition Glasfaserleitungen zu legen für die Netzbetreiber nicht. Insofern ist fraglich, ob jemals eine 95 % Glasfaserabdeckung in einer Region erreicht werden kann.

In der Presse und der Politik wird gerne die Aussage zitiert, daß Glasfaser deutlich weniger Strom für die Übertragung von Daten erfordert und daher alleine aus ökologischer Sicht eine Migration von Kupfer auf Glasfaser sinnvoll und erforderlich sei. Tatsächlich wurde im Auftrag der Breko ein Gutachten zur Nachhaltigkeit von Internet-Zugangsnetz-Technologien in Auftrag gegeben, der im März 2022 publiziert wurde. Dazu muß man allerdings wissen, daß die Breko ein Glasfaserverband ist, der die Interessen von Telekommunikationsunternehmen vertritt, die im Wettbewerb zur Deutschen Telekom stehen, und viele der Kupferleitungen, die überall vorhanden sind, nun mal zur Deutschen Telekom gehören.

Dieses Gutachten ist z.B. unter folgendem Link verfügbar: Gutachten Nachhaltigkeit Zugangstechnologien. Bei einer Migration z.B. von VDSL2 auf Glasfaser (in der Anschlussvariante FTTH) würde man für ganz Deutschland rund 200 Megawatt einsparen. Bei 40 Millionen Anschlüsse in Deutschland macht das 5 Watt pro Anschluss oder 0,12 kWh pro Tag und Anschluss.

Um zu bewerten welchen Anteil der genannten Einsparpotentiale tatsächlich erreichbar sind, müsste man herausrechnen, daß Glasfaserleitungen bereits für Teile der Infrastruktur genutzt werden - dort kann dann nichts eingespart werden. Zudem hat nicht jeder VDSL2 mit 250 MBit Geschwindigkeit, was die Grundlage der Schätzung ist. Geringere Bandbreiten (Geschwindigkeiten) verbrauchen bei (V)DSL weniger Strom.

Bei Stromerzeugung durch Sonnenenergie oder Wind läßt sich jede Zugangstechnik genauso ökologisch wie jede andere betreiben. Dann ist Glasfaser plötzlich nicht mehr grüner als Kupfer. Bei der Breko wird natürlich nicht mit Sonne und Wind verglichen, sondern mit dem Anteil eines Braunkohlekraftwerks. Die Breko gibt freilich kein Gutachten in Auftrag, bei dem die ökologischen Folgen der Migration von Kupfer auf Glasfaser bewertet werden, bei der Unmengen an funktionsfähiger Hardware auf Kunden- und Netzbetreiberseite entsorgt werden muss.


Update 20.07.2025
Ein Beitrag in der Wirtschaftwoche erläutert die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen der UGG: Expansion gestoppt: Allianz kappt ihre Glasfaser-Investitionen


Update 22.09.2025
Ein neuer Flyer der UGG im Briefkasten, der weiterhin trotz gut sichtbare Werbeverbote eingeworfen wird, drängt Hausbesitzer zur schnellen Bestellung eines Glasfaser-Anschlusses. Dabei werden folgende Aussagen getroffen:

Zuverlässiges, stabiles Highspeed-Internet
UGG legt allerdings nur die Leitungen. Der eigentliche Internetzugang wird vom Kooperationspartner realisiert. Daher kann UGG nicht garantieren, daß das Internet dann zuverlässig arbeitet. Und, Highspeed-Internet haben viele Idsteiner Haushalte bereits ohne Glasfaser.

Optimale Bandbreite, auch bei zeitgleicher Nutzung mehrere Geräte
Ist dies denn bei VDSL anders?

Wertsteigerung Ihrer Immobilie
Die Immobilie steigt um maximal den Wert, denn eine Glasfaser-Installation kostet. Also typischerweise im Bereich von 600 EUR bis 1000 EUR. Und ob ein neuer Besitzer überhaupt Bedarf an eine Glasfaserleitung hat, sei mal dahingestellt. Eine Glasfaserleitung ist jedenfalls keine Wärmepumpe.

Zukunftssicher dank modernster Technologie
Wie die Tagesschau kürzlich berichtete, macht eine Neuentwicklung bei Glasfaserkabel diese um 45 % schneller als herkömmliche Glasfaserkabel. Wenn man jetzt die bisherigen Glasfaserkabel einbuddelt, ist es also nicht mehr die modernste Technologie.

Anbieteroffene Netzinfrastruktur - Flexibilität bei der Auswahl des Internetanbieters
Welche Anbieter außer Teléfonica gibt es für den Internetzugang über die Glasfaserleitung der UGG in Idstein? Und sind die Anbieter seriös und am Markt etabliert? Kann man denn die Deutsche Telekom wählen? Ein paar rhetorische Fragen.

Nutzen Sie Ihre letzte Chance. Danach ist die Anbindung Ihres Gebäudes an unser Glasfasernetz erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt und wahrscheinlich zu erheblich höheren Kosten möglich.
Sehr seriös, den Hausbesitzern die Pistole vor die Brust zu setzen. Dabei will UGG nach eigener Aussage nicht wie die Telekom in Taunusstein sich die Rosinen herauspicken, sondern stattdessen im gesamten Idsteiner Stadtgebiet Leitungen legen, unabhängig von den Vorbestellungen. Wenn dem so wäre, gäbe es danach keine lange Wartezeit oder erheblich höhere Kosten. Wenn einmal die Verkabelung an der Straße liegt, dürfte vielmehr das Interesse der UGG sehr groß sein, jeden neuen Kunden anzunehmen und zeitnah anzuschließen.

Insgesamt sollte sich also niemand von irgendwelchen künstlichen Deadlines treiben oder von Produktversprechungen blenden lassen, und sich vielmehr fragen, ob man wirklich einen Internetanschluss benötigt, der noch schneller als VDSL ist und man dafür bereit ist, auf Dauer wesentlich tiefer in die Tasche zu greifen - jeden Monat.

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