3I/ATLAS oder C/2025 N1 (ATLAS)
Der Komet von einem anderen Stern
Beitrag: 07. Dezember 2025
Fotos: Morgen des 22. November 2025
 
 
Im Jahr 2017 begann die Ära der Entdeckungen von Kometen interstellarer Herkunft. Dabei handelt es sich um Kometen, die nicht von unserem Sonnensystem stammen, sondern aus anderen Gegenden unserer Galaxie, und zufällig durch unser Sonnensystem durchschießen.

Bei 3I/ATLAS - das 'I' hinter der '3' steht für Interstellar - handelt es sich erst zum das erst dritte bestätigte Komet dieser Art, das in unserem Sonnensystem beobachtet werden konnte. Anders als die beiden vorherigen (1I und 2I), erreichte 3I mit 10. bis 11. Magnitude eine Helligkeit, die es auch Amateurastronomen ermöglichte, interessante Details zu fotografieren. Hier eine teleskopische Langzeitbelichtung aus Idstein heraus aufgenommen:
 
 
Untersuchung des Kometen
Ein theoretischer Physiker aus den USA, der sich auch mit Ufos beschäftigt, äußerte die Hypothese, daß es sich nicht um einen Kometen, sondern um eine außerirdische Raumsonde handeln könnte. Schauen wir uns hierzu den Kometen im Detail mal an:
 
 
Wir sehen das für Kometen typisches grünleuchtendes Koma. Außerdem ist auf beiden Seiten des Kometen ein kurzer Schweif zu erkennen: nach links erscheint er etwas breiter, und nach rechts etwas spitzer. Bei letzterem handelt es sich um einen typischen scheinbaren Gegenschweif, den wir dann sehen, wenn die Erde die Bahnebene des Staubschweifs durchkreuzt. Wenn beide Schweife keine gerade Linie zueinander bilden, sondern einen leichten Knick zeigen (wie bei dieser Aufnahme), dann befinden wir uns kurz vor oder nach der Durchkreuzung der Bahnebene des Staubschweifs.

Bei Kometen fächert sich immer der Staubschweif auf, während der Ionenschweif eine relative Gerade Spur hinterlässt. Die optische Erscheinung des Gegenschweifs kann man sich so vorstellen, als wenn wir ein Fächer von unten betrachten, und ihn dabei so ausrichten, daß er für uns möglichst dünn erscheint. Dann sehen wir links und rechts der Verschraubung (die den Fächer zusammenhält) einen dünnen Teil des Fächers. Je nach Betrachtungswinkel kann die Spitze des Gegenschweifs - wie bei der obigen Aufnahme - ganz kurz erscheinen, oder auch besonders lang. Auf den Fächer übertragen würde das durch Kippen des Fächers nach links oder rechts erreicht werden.

Schauen wir uns nun eine sternenbefreite Ansicht des Kometen an, um den Schweif näher zu untersuchen. Der Kometenkopf erscheint dabei etwas breiter als er in Wirklichkeit ist, da für ein schnelles Anwenden der benötigte Bildbearbeitungstechnik (zur Sternenfilterung) das Summenbild (das immer aus vielen kürzeren Aufnahmen besteht) nach den Sternen "ausgerichtet" wurde.
 
 
Im sternenbefreiten Bild ist - nach links unten gerichtet ein schwächerer längerer Schweif zu erkennen bzw. zu erahnen, der in seinen Verlauf leicht nach oben gebogen ist. Um diesen etwas deutlicher sichtbar zu machen, bedienen wir uns einer speziellen Bildbearbeitungstechnik (rotatorischer Gradient), die den Schweif einmal in Schwarz und ein zweites Mal um 90° gedreht Weiß erscheinen lässt (beides von der Bildmitte ausgehend):
 
 
Auf diese Weise erkennt man nun deutlich den längeren Schweif.

Insgesamt sehen wir alle typischen Merkmale, die auch Kometen aus unserem Sonnensystem zeigen. Ziehen wir nun den Ententest zu Rate: Wenn es aussieht wie eine Ente, schwimmt wie eine Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es wahrscheinlich eine Ente. Auf unseren Fall angewendet: ein Komet. Es mag sein, daß in die Hypothese mit dem Raumschiff die Wunschvorstellung des Physikers aus den USA mit hineingeflossen ist. Allerdings sollte ein Wissenschaftler so nicht arbeiten.

Eigenbewegung des Kometen
Der Komet befand sich zum Zeitpunkt der Aufnahme - in den frühen Morgenstunden des 22. November 2025 - in rund 300 Millionen Kilometer Entfernung zur Erde, also doppelt so weit weg wie die Sonne zu uns. Der Kern des Kometen ist mit geschätzten 320 Meter bis 5,6 Kilometer Durchmesser besonders klein. Und er flitzt mit großer Geschwindigkeit durch unser Sonnensystem. Bei einem auf dem Kometen ausgerichteten Summenbild (entspricht einer Langzeitbelichtung) erscheinen die Sterne - relativ zum Kometen betrachtet - daher als Strichspuren, trotz der großen Entfernung zu uns:
 
 
Betrachten wir nun die Eigenbewegung des Kometen in einem Zeitraffer, sehen wir, daß dieser Komet sich genau in die Richtung bewegt, in der sein Schweif liegt:

→ Video anschauen

Bei den vielen kurz aufblitzenden Strichspuren handelt es sich übrigens um vorbeiziehende Satelliten in der Erdumlaufbahn. Oder vielleicht auch um Sonden, die das Raumschiff, das uns vortäuscht ein Komet zu sein, mit großer Geschwindigkeit abwirft, um die Erde zu erkunden...

Wenn wir das Summenbild nicht nach dem Kometen ausrichten, sondern nach den Sternen, erscheint der Komet wie eine grünleuchtende Strichspur, die - mit etwas Fantasie (oder genug Science Fiction Filmen in der Kindheit) - an einem Laserschwert aus Krieg der Sterne erinnert:
 
 
Eine ferne Galaxie im Bildfeld
Auf der linken Seite vom Kometen (im obigen Bild) ist eine kleine ferne Galaxie zu erkennen. Schauen wir uns diese im Detail an, auch wenn die Aufnahme nicht perfekt geworden ist - sie ist etwas unscharf, es waren an dieser Nacht bei -7 °C Lufttemperatur erschwerte Arbeitsbedingungen für Mensch und Instrument:
 
 
Bei dieser Galaxie handelt es sich um NGC 4454 (so die Bezeichnung im → New General Catalogue). Sie zeigt eine diffuse elliptische Form, und es lassen sich auch leichte Strukturen von Spiralarmen erkennen bzw. erahnen. Es ist damit eine linsenförmige Galaxie (auf Englisch: lenticular galaxy): ein Zwischending aus Spiralgalaxie und elliptischer Galaxie. Alle drei sind Galaxientypen, wobei die linsenartige Galaxie den Übergang von der Spiralgalaxie zur alternden elliptischen Galaxie darstellt. NGC 4554 ist rund 12. Magnitude hell, während der Komet bei 10. bis 11. Magnitude lag: eine kleinere Zahl bedeutet ein helleres Objekt, pro Magnitude geht ein Helligkeitssprung um rund den Faktor 2,5 einher.

Benennung von Kometen
Zurück zum Kometen 3I/ATLAS: Neben seinem besonderen Namen zur Hervorhebung seiner interstellaren Herkunft, trägt er gleichzeitig auch einen weiteren Namen zur Katalogisierung seiner Entdeckung: C/2025 N1 (ATLAS). Das 'C' steht dabei für Comet, '2025' für das Jahr und das 'N' für den Halbmonat seiner Entdeckung.

Was ist der Halbmonat? Man teilt dabei jeden Monat in eine erste Hälfte bis zum 15. des Monats und eine zweite Hälfte ab dem 16. des Monats, und zählt für Januar bis Dezember von A bis Y durch, wobei das 'I' (wie Ingrid) nicht verwendet wird, da es mit einer Eins verwechselt werden könnte (das hätte man dann eigentlich auch nicht bei 3I verwenden sollen - aber so inkonsistent ist manchmal die Namensgebung in der Wissenschaft). Wenn man von A bis N durchzählt, gelangt man auf die erste Monatshälfte vom Juli. Die '1' hinter dem 'N' steht dabei nicht für den Tag, sondern ist ein bei 1 beginnender aufsteigender Zähler, der für jeden - in einem bestimmten Halbmonat eines Jahres - entdeckten Kometen hochgezählt wird. Zufälligerweise wurde aber der Komet auch am 1. Juli entdeckt. So kompliziert kann man die Namensgebung gestalten - aber immerhin erkennt man am Namen (wenn auch mit etwas Nachrechnen), wann der Komet entdeckt wurde.

Und das 'ATLAS' im Namen verweist auf den Entdecker - in diesem Fall ein weltweites Netzwerk von Teleskopen zur Erkennung von Asteroiden, das als automatisches Frühwarnsystem für mögliche Einschläge auf der Erde gedacht ist: → Asteroid Terrestrial impact Last Alert System

Konkret wurde I3/ATLAS aus dem in 1600 Meter Höhe gelegenen El Sauce Observatorium im Río Hurtado in Chile entdeckt, das zur Region IV (Coquimbo) gehört, gut 330 km nördlich der Hauptstadt Santiago und 70 km südöstlich von La Serena.

Ein anderes Foto des Kometen
In Texas, wo es an manchen Gegenden auch einen hervorragenden Nachthimmel gibt, gelang Amateurastronomen eine sensationelle Aufnahme des Kometenschweifs. Dabei wurde eine sehr ähnliche Ausrüstung (ein kleines Teleskop mit ca. 10 cm Durchmesser) und eine ähnliche Gesamtbelichtungszeit wie bei meiner Aufnahme verwendet:

→ Astronomy Picture of the Day / NASA

So gravierend kann der Unterschied zu einer stark lichtverschmutzten Gegend wie die unsere sein. Am Standort des Teleskops in Texas herrscht ein Klasse 1 Himmel in der Bortle-Skala. Die Nacht ist dabei so dunkel, daß die Milchstraße in den Sternbildern Schütze/Skorpion Schatten von uns auf den Boden wirft. Und solch faszinierende Erscheinungen wie das Zodiakallicht, der Gegenschein oder das Airglow sind dann direkt mit bloßem Auge sichtbar. Das ist dann eine echte Nacht - etwas, war eigentlich jedem Menschen zustehen sollte.



Wer sich für die Hintergründe des Ententests interessiert, findet unter Wikipedia einen sehr ausführlichen Beitrag auf Französisch, den Wikipedia als besonders lesenswert gekennzeichnet hat: → Test du canard

Tipp für das Lesen von Beiträgen auf Wikipedia: dort lässt sich der Hintergrund von Hell auf Dunkel umstellen. Auf dem PC ist die Auswahl typischerweise rechts neben dem Inhalt der Beiträge wählbar, auf dem Handy muss man die Option über das Menü-Button von Wikipedia (die drei waagerechten Striche), und dort unter Einstellungen auswählen.

 
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