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Der zweite Nachweis von Leuchtenden Nachtwolken (folgend mit NLC abgekürzt, steht für
NoctiLucent Clouds)
in diesem Jahr gelang in der Morgendämmerung des 12. Juni, wobei diese im Juni hierzulande mitten in der Nacht fällt.
Die NLC habe ich dabei nicht mit eigenen Augen gesehen, sondern erst beim nachträglichen Sichten der automatischen
Nachtaufnahmen entdeckt.
Die folgende unbearbeitete Aufnahme zeigt rechts unten strukturschwache Wolken, bei denen man NLC zunächst nur
vermuten kann:
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Wenn man diese Aufnahme mittels einer Technik aus der Bildbearbeitung namens Unscharfer Maske bearbeitet,
erhöhen sich die Schärfe und der lokale Kontrast, wodurch die Erkennung von schwachen Wolkenstrukturen verbessert
wird und man besser beurteilen kann, ob es sich um NLC gehandelt haben könnte:
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Hier erhärtet sich bereits die erste Vermutung. Eindeutig wird die Erkennung, wenn man aus den (mit unscharfer
Maske bearbeiteten) Einzelbildern einen Zeitraffer erstellt. Dabei werden (ab ca. der 5. Sekunde) die NLC direkt
über den Bäumen sichtbar, vor allem rechts unten:
→ Video abspielen
In der Fußzeile des Videos ist der laufende Sonnenstand notiert. Ab einer Sonnentiefe von ca. 11° unter dem Horizont
(zu Beginn der nautischen Dämmerung) erscheinen die ersten feinen NLC-Strukturen. Diese zeigen die typischen
Wellenbewegungen mit teils scheinbar überlappenden Wolkenstrukturen, die für Leuchtende Nachtwolken typisch sind.
Mit steigendem Sonnenstand (die Sonne steht dabei stets unter dem Horizont) werden auch höher über dem Horizont
befindliche NLC sichtbar. Der Erdschatten (in über 80 km Höhe, wo sich die NLC befinden) verschiebt sich dabei
zunehmend nach oben (in Richtung des Zenits), und immer höhere NLC werden sichtbar. Dabei ist es ein
Wettlauf gegen die Zeit, denn der Dämmerungshimmel wird schnell heller und überstrahlt bald die NLC. Bevor es
aber dazu kommt, erblickt man gegen Ende des Zeitraffers die letzten NLC auf halber Bildhöhe rechts, die diagonal
nach rechts oben wandern. Dort erkennt man einzelne Sterne des Sternbild Perseus. Die Sonne steht dabei rund 8°
unter dem Horizont:
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Um nun zu bestimmen, auf welcher Höhe über dem Horizont sich die NLC befanden, bedienen wir uns einer Technik
aus der Astrofotografie - dem Plate Solving. Dabei gleicht eine Software ein in der Nacht aufgenommenes
Bild mit einem Sternkatalog ab, um die exakten Himmelskoordinaten zu bestimmen. Da die Kamera fest installiert
ist, gelten die auf diese Weise bestimmten azimutalen Koordinaten dann zu jeder Tages- und Jahreszeit.
In der folgenden NLC-Aufnahme wurde ein Gitter mit den Himmelskoordinaten überlagert. Der Azimut (die horizontale
Himmelsrichtung) ist dabei mit dem Kürzel Az notiert, die Höhe über dem Horizont mit dem Kürzel H. Die dicke
vertikale Linie in der Bildmitte zeigt Norden an (= Azimut 0°). Wie man sieht erscheint das Gitter etwas verkippt,
was daran liegt, daß die Kamera leicht geneigt aufgestellt ist:
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Der für Leuchtende Nachtwolken und auch Polarlichter interessante tiefe Nordhorizont ist aus dem Standort dieser
Kamera nicht einsehbar. Erst bei rund 10° beginnt das freie Sichtfeld. Links im Nordwesten erreichten die Leuchtenden
Nachtwolken eine Höhe von rund 17° und rechts im Nordosten eine Höhe von rund 35°. Aus diesen zwei Eckpunkten lässt
sich mittels der Webseite, die ich im vorigen NLC-Beitrag erwähnt
habe, die ungefähre Position des NLC-Südrandes bestimmen und in einer Landkarte darstellen. Die bläuliche Linie
stellt dabei diese Südkante dar:
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Diesmal waren die Leuchtende Nachtwolken schon sehr nah an Idstein herangerückt: die östliche Südkante war
lediglich 142 km von uns entfernt. Die NLC schwebten ungefähr über Bad Hersfeld im Nordosten Hessens. Insgesamt
waren es aber sehr unauffällige Leuchtende Nachtwolken, was man an den benötigten Bearbeitungstechniken
erkennen kann. Dennoch ist es erstaunlich, wie weit nach Süden NLC-Felder mittlerweile wandern und bestehen
können.
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